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Vom Datenschutz zum Data Sharing

Ist von „den Deutschen“ die Rede, springen den meisten Assoziationen wie Pünktlichkeit, Sicherheit und Bodenständigkeit in den Kopf. Und das ist nicht nur auf gesellschaftlicher Ebene betrachtet zutreffend. Auch auf dem immer wichtiger werdenden und wachsenden Online Markt stechen „die Deutschen“ mit ihren (vielleicht zu konservativen?) Ansichten heraus.

In einem Interview mit dem Next Audience-Geschäftsführer Torsten Ahlers wird klar, warum „die Deutschen“ im innerlichen Konflikt mit dem Internet 2.0. leben.  Für die großen amerikanischen Big Spender ist der deutsche Markt im Vergleich zum amerikanischen ein kleiner Nischenbereich, der für Sie wenig interessant ist, da nur ein geringer Anteil ihres Umsatzes auf dem deutschen Markt generiert wird (gerade mal 10%). Also bleibt neben der Eroberung des amerikanischen Markts nur die des deutschen …

„Es nützt der Freiheit nichts, dass wir sie abschaffen, um sie zu schützen.“

(Wolfang Thierse , ehem. dt. Bundestagspräsident)

Im Zeitalter des Daten Sharings und der immer transparenter werdenden Privatsphäre sind die lockeren Datenschutzbestimmungen in den USA und die im Vergleich dazu scharfen deutschen Gesetze zum Datenschutz entscheidende Faktoren, wenn es darum geht, mit Online Marketing Erfolg zu haben.

Aber warum ist Data Sharing so erfolgreich? Das Prinzip ist einfach und vielversprechend: Nutzerdaten werden in einem Server o.ä. gesammelt und für mehrere Unternehmen zur Verfügung gestellt. Deutsche Gesetze und Bestimmungen zum Datenschutz sind sehr streng. Gleichzeitig werden Sie aber von deutschen Unternehmen geschätzt und selbst im Ausland angewandt, weil Sie den sicheren Umgang mit privaten Daten gewähren. Dieser sensible Umgang wird vor allem von Unternehm der Finanz-, Automobil- und Telekommunikationsbranche verlangt. Viele Unternehmen sehen negative Meldungen und die Nichteinhaltung der Richtlinien im Ausland als negativen PR-Effekt an, der gerade in der Zeit der Internet Medien massiven Schaden anrichten kann.

Data Sharing wird den Markt stark verändern. Kleine Unternehmen greifen auf dieselben Quellen wie große Unternehmen zurück und haben die Möglichkeit, auf den gleichen Flächen konkurrenzfähig zu werben. Online Marketing wird „verauktioniert“: Wer schnell ist und sein Geld strategisch sinnvoll einsetzt, ist mit im Rennen. Riesen Budgets alleine sind kein Erfolgsfaktor mehr.

Und genau hier finden wir den großen Widerspruch: Die verantwortungsvollen Deutschen sitzen zwischen den Stühlen:  Wie kann man den Schutz der eigenen Privatsphäre mit dem Datenaustausch im Internet vereinen? Laut Thorsten Ahlers fürchten sich die Deutschen „vor unerlaubter Daten Hortung und der unbemerkten detaillierten Erstellung von  Benutzerprofilen“. Der Datenschutz ist immer noch ein wichtiges aktuelles Thema gerade wenn man an vergangene Schlagzeilen von Edward Snowden denkt.

Data Driven Display

Data Driven Display (grafische Internetwerbung, die auf gesammelten Daten der User basiert) ist 2014 eines, wenn nicht sogar das wichtigsten Thema im Bereich des Internet.

Die Veränderung am Markt hat natürlich auch Auswirkungen auf die hiesigen Media Agenturen. Während der Arbeitstag früher mit der Recherche von Einkaufskonditionen und Umfeldplanung voll war, werden in Zukunft Consulting Dienstleistungen im Mittelpunkt der Werbetreibenden stehen.  Die Werbung bewegt sich immer mehr weg von den klassischen Anzeigen und kreativen  Bildern, die Werbeflächen von Städten füllen. Es geht vielmehr um kundenspezifische Ansprachen und die Umsetzung individueller Anforderungen sowie die Abstimmung auf spezifische Bedürfnisse und dies möglichst über einen Kommunikationskanal: das Internet. Das alles auf Grundlage zahlreicher Nutzerdaten, die analysiert werden müssen.

Werbeagenturen schulen Ihre Mitarbeiter immer mehr durch Google und Online Seminare. Unternehmen beziehen Ihre Daten direkt vom Anbieter, die Werbeagentur verliert dadurch an Wichtigkeit, da das Expertenwissen über Technologien und Daten einfach noch nicht vorhanden ist. Aus einer Erhebung der CZAIA Marktforschung geht hervor, dass die wichtigsten Erfolgsfaktoren der Medienagenturen bis 2020 Data Management (75 %), Ausbildung und Recruiting (65%) und Real Time Adervtisement (47%) sind. Medien-Integration und Kreation dagegen belegt mit 29 % nur einen der hinteren Plätze. Advertiser suchen nicht mehr ausschließlich nach kreativen Köpfen, die Daten an Dritte weitergeben und somit nur noch eine Mittler-Funktion übernehmen. Kompetenz und technisches Verständnis sowie die Auswertung gesammelter Daten stehen im Mittelpunkt.

Die Zukunft der Geschäftsführer im Jahre 2014 wird sich gerade im Umgang mit personenbezogenen Daten stark verändern. Mit Hilfe von Programmatic Buying werden Daten gesammelt und  Zielgruppensegmente gebildet, um kundenspezifische Kommunikation anzubieten. Der Advertiser bildet nicht mehr wie früher aus Zielgruppenmerkmalen wie Alter, Geschlecht und Wohnort  große Zielgruppen, sondern spricht jeden User individuell an. Durch One-to-one-Marketing können Werbende Angebote, Preise und Werbemittel userbezogen zusammenstellen und Mediabuying bzw. Real Time Bidding (Werbung auf Echtzeit-basierten Daten) nutzerbezogen vollziehen.

„Wie ist der Kunde und wie kauft er ein?“, diese Frage muss sich die Werbung in Zukunft stellen. Die Kampagnen-Optimierung wird immer spezifischer, da man kleinteilig Schritt für Schritt optimieren kann. Das Medium „Internet“ wächst im Vergleich zu klassischen Medien wie Zeitung oder Radio an Kraft und Möglichkeiten und verdrängt dadurch zunehmend klassische Kommunikationskanäle.

Aus einer Erhebung des PwC, Informa Telecoms & Media geht hervor, dass die Umsatzverteilung klassischer Medien am deutschen Markt bis 2017 vermutlich um 10 % sinken wird, während der Umsatz der digitalen Medien voraussichtlich um 10 % steigt.

Auktionsfläche Internet

Deutsche Publisher haben jedoch immer noch Angst davor, Produkte zu billig auf dem Markt anzubieten. Daher geben Sie mehr Geld für zielgenauere Kundenansprache aus, als für die breite Nutzung aller Medienkanäle. Am Ende zeigt die Entwicklung aber auch klare Vorteile: Advertiser können Kampagnen eigenständig verändern und aktualisieren. Das Mediabudget wird viel effektiver genutzt als früher, da nicht der Medieneinsatz im Zentrum steht. Durch eine gezielte Kommunikation werden Streuverluste minimiert. Gesammelte Daten können genau ausgewertet werden, um Kommunikationskanäle, die nicht genutzt werden direkt auszuschließen.

Die Mediaplanung wird nicht mehr von der Zielgruppe aus geplant. Die Zielgruppe wird anhand gesammelter Mediadaten definiert und direkt angesprochen. Im gleichen Zuge ist es möglich, ein detailliertes Bild von „Nicht-Kunden“ zu erstellen und so noch spezieller auf seine Bedürfnisse eingehen. Nicht mehr die Quantität der Daten ist entscheidend, wie viele Plakate und Citylights in der Stadt erstrahlen, oder wie viele Postwurfsendungen verschickt werden. Vielmehr geht es jetzt um die Qualität der Daten und die Plattformen, die im Bezug auf Werbung immer mehr an Bedeutung gewinnen (Twitter, Facebook, Google).

Real Time Bidding gewinnt immer mehr an Bedeutung – Daten müssen stets verfügbar sein und sich an die aktuellen Zeiträume und Gegebenheiten anpassen können. Die Steuerung ist von entscheidender Bedeutung, da man sofort kalkulieren muss ob und wie erfolgreich Kampagnen werden.

Laura Kunisch

Laura ist Consultant Paid Media. Sie betreut & berät Kunden und setzt Werbemaßnahmen um. Bücher, kreative Kommunikation und sinnvolle Werbung sind für sie ein Muss. Außerhalb des Agenturlebens beschäftigt sie sich viel mit Heimwerker-Projekten, Kochen und Backen oder Musik.

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2 Kommentare

Redmarketing Berlin schrieb am 6. Mai, 2014 @ 13:22

Du sprichst in deinem Artikel die Ängste aller an, dass Internetriesen, wie Google, Amazon oder Yahoo einfach „Karteikarten“ erstellen und immer mehr Daten sammeln, um spezifische Werbung einzublenden.

In den USA scheint das kein Problem zu sein, aber ich kann verstehen, dass die Deutschen das als problematisch sehen. Vielleicht liegt es an unserer Mentalität, vielleicht ist es aber auch berechtigt.

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