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Text-Briefing versus Kristallkugel

Wer mit Kölsch-Durst eine Kneipe betritt und die Bestellung „Ein Bier, bitte“ aufgibt, läuft Gefahr, ein großes Pils oder noch schlimmer ein Alt anstelle eines kleinen Kölsch serviert zu bekommen. Warum bei der Bestellung von Texten ohne ausreichendes Briefing ähnliches schief gehen kann und warum Redaktionen manchmal gerne Kristallkugeln hätten, erfahrt ihr heute im folgenden Artikel.

Was ohne Briefing passieren kann …

Zum Einstieg erst mal ein Fallbeispiel aus unserer Redaktion: Vor ein paar Jahren (damals hatten wir noch kein standardisiertes Briefing-Formular für die Kunden) erreichte uns dieser Textauftrag:

„Hallo zusammen, ich brauche einen Text. Es geht um ein neues Produkt, Details kann ich leider nicht sagen, da es hierfür Geheimhaltungsvorschriften gibt … Aber ihr könnt trotzdem schon mal mit dem Texten anfangen.“

Wie wir damals mit diesen – um es positiv zu formulieren – spärlichen Informationen die Herausforderung gemeistert haben, habe ich leider vergessen, außer dass definitiv die Redaktions-Kristallkugel im Spiel war. Aber was tun, wenn die Kristallkugel gerade nicht zur Hand ist? Welche Infos braucht ein Autor im Briefing, um einen Text zu schreiben, der den Vorstellungen des Auftraggebers möglichst genau entspricht?

Um Fällen wie dem oben geschilderten vorzubeugen und um an alle wichtigen Informationen zur Texterstellung zu kommen, geben Autoren beziehungsweise Redaktionen in der Regel ein Briefing-Formular an ihre Auftraggeber heraus, bevor sie sich an die Textarbeit machen. Darin werden alle wichtigen Punkte abgefragt, bevor die Texter loslegen. Wird das Formular vom Auftraggeber so ausführlich wie möglich ausgefüllt, bestehen gute Chancen, dass der Text schon im ersten Anlauf den Vorstellungen des Kunden entspricht.

Was muss ins Briefing?

Im Folgenden möchte ich euch kurz darlegen, welche Punkte auf jeden Fall ins Briefing gehören, damit der Texter gleich weiß, wo es langgeht.

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Zielgruppe

Wer soll den Text lesen? Wer soll sich angesprochen fühlen? Darüber muss man sich im Klaren sein. Zielgruppenangaben wie „interessierte Leser“ oder „potenzielle Käufer“ lassen den Autor ziemlich ratlos dastehen. Denn wer soll das sein? Die besten Texte entstehen, wenn der Autor sich durch die Zielgruppenbeschreibung bildlich eine Person vorstellen kann, für die er schreibt.

Thema und Textart

Worum soll es in dem Text genau gehen, was ist das Thema? Soll durch das Lesen des Textes eine bestimmte Handlung beim Leser ausgelöst werden? Hier sind wir wieder bei der Bier-Analogie. Wer Durst auf 200 ml Kölsch hat, sollte das dem Wirt auch genauso mitteilen, sonst kann es anders kommen. Also, was darf es sein? Ein Blogartikel, ein Ratgebertext, ein Fachartikel oder vielleicht ein Kategorie- oder Produkttext? 200 Zeichen oder 2000 Wörter? Soll der Text nach einer vorgegebenen Struktur gegliedert werden oder hat der Texter freie Hand? Sind besondere Themen-Schwerpunkte gewünscht und sollen bestimmte Informationen hervorgehoben werden?

Würde ein Textauftrag lauten: Schreib mal 400 Wörter über Hundewelpen, bringt das nicht wirklich viel Licht ins Dunkel. Wichtig ist zu wissen: Wo wird der Text erscheinen? Wen soll er erreichen und welche Absicht verfolgt der Text? Handelt der Text inhaltlich von Impfungen bei Welpen oder soll er den Leser dazu bewegen, ein besonderes Futter zu kaufen?

Schreibstil und Ansprache

Wird der Leser mit Du oder Sie angesprochen oder ist eine indirekte Ansprache passender? Handelt es sich um einen informativen Text, der eher sachlich geschrieben werden soll oder ist ein lockerer, unterhaltsamer Schreibstil gefordert? Auch hier sind klare Ansagen erwünscht und hilfreich, selbst wenn es zum Beispiel auf einer Website schon Texte der gleichen Art gibt.

Beispiele zur Orientierung

Mitgelieferte Referenztexte zur Orientierung sind für den Schreiber eine gute Sache. Heißt es im Briefing allerdings nur: „Orientieren Sie sich an den beigefügten Textbeispielen“, kommen beim Texter wieder einige Fragen auf: Wofür genau steht der Text als Beispiel? Für den gewünschten Schreibstil? Die Textart? Sollen die Informationen übernommen werden? Oder alles zusammen?

Nach dem Text ist vor dem Text

Und dann ist da noch was: Feedback. Das wird leider gerne vergessen oder versackt irgendwo unterwegs. Dabei ist Feedback für die Arbeit der Autoren WIRKLICH wichtig. Mal abgesehen davon, dass man sich über Wertschätzung natürlich freut, ist Feedback auch für eventuell gewünschte Verbesserungen und Nachbearbeitungen unerlässlich. Wie ist der Text angekommen? Gerade wenn noch eine ganze Reihe von Textaufträgen derselben Art ansteht, wie zum Beispiel bei Kategorietexten für einen Online Shop oder Glossartexten, ist es für die Autoren wichtig zu erfahren, ob die ersten Texte den Vorstellungen des Auftraggebers entsprechen. Was gefällt, was gefällt nicht und warum? Und bitte die Beispiele nicht vergessen: An welchen Stellen im Text ist das Feedback konkret nachzuvollziehen? Mit Aussagen wie „Die Texte sind falsch und/oder gefallen uns nicht“ kann man leider nicht viel anfangen und nichts besser machen.

Also: Immer raus mit der Sprache und den Infos, dann klappt`s auch ohne Blick in die Kristallkugel mit dem Wunschtext! 😉

Geschrieben von

Petra recherchiert, schreibt und lektoriert als Online Editor bei morefire, was das Zeug hält. Immer her mit dem Text(auftrag)!

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