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Snapchat im SEE-THINK-DO-Modell

Als ich im Sommer 2015 das erste Mal von Snapchat gehört habe, dachte ich: „Schon wieder eine Messaging App mit der man Fotos verschicken kann? Und warum löschen sich die Bilder nach dem Betrachten? Was hat das denn für einen Sinn?!“ Zugegeben war ich mit meiner Meinung etwas zu voreilig. Im Nachhinein betrachtet habe ich mich genau so verhalten wie damals meine Mama, als ich ihr WhatsApp schmackhaft machen wollte: „Nee, so´n Quatsch brauche ich nicht“. Nun ja, da zwischenzeitlich einige meiner Kollegen im Büro die App runtergeladen hatten und jedes Mal beim Empfangen von Fotos regelrecht in Gelächter ausbrachen, musste ich mir Snapchat dann doch installieren. Die Neugierde war geweckt und siegte über die Skepsis. Ich sollte nicht enttäuscht werden. Nach einer kurzen Einführung in die App legte ich los und verschickte Fotos mit Filtern, Lenses, Schriften – die ganze Klaviatur einmal durch. Die Lacher seitens Sender und Empfänger waren vorprogrammiert und ich mutierte nach und nach zum wahren Snapchat Fan.

Schnell stellte ich mir die Frage, wie Unternehmen die App im Marketing-Mix nutzen können. Ich stieß auf unendlich viele Blogbeiträge zu dem Thema, die meinen ersten Wissensdurst löschten. Bis heute lese ich gerne Beiträge über die App mit dem kleinen Geist und finde immer wieder Ansätze wie die App genutzt werden kann. Dass sich Unternehmen in der jungen Zielgruppe ein frisches Image verpassen oder dieses stärken können, sollten die meisten Marketer mittlerweile verstanden haben. Auch dass die Kommunikation in der App deutlich unbekümmerter ist als auf Facebook, Instagram & Co., sollte bekannt sein. Doch ich stellte mir immer wieder die Frage, welche Funktionen von Snapchat welche Marketingziele unterstützen können? Alle? Keine? Da ich auf meine Frage keine passende Antwort fand, musste ich selber ran. Ich wendete Snapchat auf verschiedene (Marketing-) Modelle an und fand letztendlich die Antwort, die mich zufrieden stellt im SEE-THINK-DO-Modell von Avinash Kaushik.

Und genau darum geht es in diesem Artikel. Die einzelnen Funktionen der App werden im SEE-THINK-DO-Modell abgebildet, um somit die Potenziale aufzudecken. Diejenigen, die mit Snapchat noch nicht so vertraut sind, denen lege ich die Artikel von Jessy, Lea oder Cindy ans Herz (Wie Unternehmen Snapchat nutzen können – der Praxisguide, 5 Gründe, weshalb Unternehmen Snapchat als Marketing-Instrument nutzen sollten, Snapchat – Vom Sexting-Phänomen zum perfekten Werbeumfeld?). Wenn Euch Snapchat ein Begriff ist, jedoch das SEE-THINK-DO-Framework nicht, dann solltet Ihr unbedingt den Artikel von Marcel lesen, da ich auf eine Beschreibung des Modells und der Phasen nicht ausführlich eingehen werde. Bei wem die Grundpfeiler Snapchat und STD-Modell stehen, der darf weiterlesen 😉 .

Legen wir los:

Snapchat in der SEE-Phase

In der SEE-Phase werden alle Personen, die sich für ein Produkt oder ein bestimmtes Thema interessieren, zusammengefasst. Sie sind grundlegend an den Produkten des Unternehmens interessiert, kennen die Marke oder die Produkte jedoch noch nicht. Diese Personengruppe bildet die größtmögliche und relevante Zielgruppe.

Da die Nutzer noch nicht in Bezug zu dem Produkt oder dem Unternehmen stehen, würde in der SEE-Phase eine konkrete Kaufaufforderungen nicht zum Erfolg führen. In der SEE-Phase ist es wichtig, zunächst das Produkt beziehungsweise die Marke in der größtmöglichen Zielgruppe bekannt zu machen. Die Kommunikation hat einen Push-Charakter. Daher können in dieser Phase Kennziffern wie die Conversion Rate oder die Kosten pro Conversion nicht zur Bewertung des Erfolgs herangezogen werden. In dieser Phase ist es viel wichtiger, die Markenwahrnehmung zu messen. Wichtige Kennzahlen hierfür sind Impressionen, neue Besuche oder Likes. Die Kennzahl innerhalb Snapchats in dieser Phase ist die Anzahl der erreichten Nutzer mit der Werbebotschaft.

Betrachtet man zunächst die Funktionen von Snapchat, Snaps, Stories, Memorys, Discover, Live-Stories und Chats/ Video-Chats, kann keine dieser Funktionen in die SEE-Phase des Modells eingeordnet werden. Alle Funktionen sind mit dem aktiven Handeln der Nutzer verbunden und besitzen somit einen Pull-Charakter.

Bezogen auf die Werbemöglichkeiten von Snapchat kann zunächst das Sponsoring von Geofiltern in diese Phase eingegliedert werden. Nachdem Nutzer eine Fotoaufnahme gemacht haben, können sie dem Foto einen Geofilter hinzufügen. Geofilter erreichen bis zu 60 Prozent der täglichen Nutzer. Diese Nutzer müssen keinen aktiven Bezug zu einer Marke oder einem Produkt haben, um einen solchen Filter angezeigt zu bekommen und nutzen zu können. Somit haben die Filter einen Push-Charakter und ein Unternehmen kann innerhalb der definierten Zielgruppe auf sein Produkt aufmerksam machen. Jedoch kann die Zielgruppe nur nach regionalen Kriterien unterteilt werden. Kostentechnisch starten die Geofilter bei 5$ für 30 Minuten, je nach Laufzeit und eingebuchtem Gebiet. Maximal können die Filter jedoch für 30 Tage eingebucht werden.

Eine weitere Möglichkeit innerhalb der Werbefunktionen ist das Sponsoring von Lenses. Ähnlich wie bei den Geofiltern können die Nutzer während der Fotoaufnahme Filter verwenden. Gesponserte Lenses werden allen Nutzern innerhalb der eingebuchten Region angezeigt, ohne dass diese einen bestimmten Bezug zu einer Interessenskategorie aufweisen müssen. Somit kann die größtmögliche Zielgruppe auf ein Produkt aufmerksam gemacht werden. Das Besondere an den Lenses ist, dass die Nutzer mit diesen spielen. Mir fällt keine Werbeform ein, bei der die Nutzer freiwillig mit der Werbebotschaft spielerisch interagieren. Die Lenses werden von den Nutzern daher häufig genutzt und das lässt sich Snapchat auch gut bezahlen. So sollen sich die Kosten an einem gewöhnlichen Wochentag auf 450.000$ belaufen, an Feiertagen oder besonderen Anlässen sollen es in etwa 750.000$ sein. Die Lenses sind daher nichts für kleine Budgettöpfe.

Da Snapads und Ads between Stories die gleichen Funktionalitäten bieten, können sie bei der Eingliederung in das Modell zusammengefasst werden. Beide Werbeformen haben einen Push-Charakter, da auch hier die Nutzer kein bestimmtes Nutzerverhalten aufweisen müssen, um diese Anzeigen ausgeliefert zu bekommen. Die Ads werden den Nutzern zwischen verschiedenen Sequenzen ausgespielt. Sollte Snapchat, wie bereits angekündigt, seine Nutzer nach Verhaltensdaten kategorisieren und den Werbetreibenden diese Daten zum Targeting zur Verfügung stellen, können die Snap Ads und Ads between Stories ebenfalls in die THINK-Phase eingegliedert werden. Bisher gibt es keine offiziellen Angaben was die Ads kosten sollen.

Snapchat SEE-Phase

Snapchat in der THINK-Phase

In der THINK-Phase werden alle Nutzer aus der SEE-Phase zusammengefasst, die jedoch zusätzlich darüber nachdenken, ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung in nächster Zeit in Anspruch zu nehmen oder zu kaufen. Der Zeitpunkt des Kaufes ist nicht bekannt, lediglich die Absicht des Nutzers kann durch sein Nutzungsverhalten ermittelt werden. Diese Zielgruppe signalisiert ihr Interesse, indem sie aktiv nach Informationen sucht. Unternehmen müssen sich ab dieser Phase mit Push- und Pull-Funktionen auseinandersetzten.

Jetzt werden andere KPIs zur Bewertung herangezogen als noch in der SEE-Phase. Der Fokus liegt in der Interaktion mit der Werbebotschaft. Das sind z.B. Kennzahlen wie Klickraten oder Microconversionen. Aus den Microconversionen kann noch kein monetärer Wert ermittelt werden, sie stützen jedoch die Instrumente in der DO-Phase. Bezogen auf Snapchat können die Kennzahlen der Views und die der Reichweite in dieser Phase zur Bewertung herangezogen werden. Warum Views und Reichweite in dem Fall nicht zur SEE-Phase gehören, seht Ihr in den Beispielen:

In diese Phase kann zunächst der Bereich der Discovery Channels eingegliedert werden. Die Nutzer klicken aktiv auf den Kanal, um Content zu konsumieren und suggerieren somit bereits ein gewisses Interesse an einem Produkt oder einer Marke. Unternehmen können ihre Pull-Botschaften in den Channels platzieren und die Views ihrer Botschaften erhöhen. Eine direkte Interaktion zur Kaufabsicht wird noch nicht gegeben. Hochinteressant ist die Kennzahl der offiziellen Reichweite, die bei etwa 3,5 Millionen täglichen Nutzern liegt. Bisher sind die Channels nur für exklusive Publisher-Partner aus den USA verfügbar. Die Kosten sollen sich auf 50.000$ pro Tag belaufen. Auch hier wieder keine Alternative für den kleinen Budgettopf.

Wie bereits in der SEE-Phase beschrieben, können die Snap Ads und die Ads between Stories in der Think-Phase eingeordnet werden, sobald das Nutzerverhalten innerhalb der Applikation als Targeting für Werbezwecke zur Verfügung gestellt wird. Nutzer, die sich für ein spezielles Thema interessieren, können dann mit den Botschaften angesprochen und die DO-Phase dadurch gestützt werden.

Betrachtet man die kostenlosen Funktionen für Unternehmen innerhalb der App, so können die Snaps sowie die Snap Stories in die THINK-Phase eingeordnet werden. Unternehmen produzieren ihren Content innerhalb des eigenen Profils und stellen diesen den Nutzern zur Verfügung. Letztere müssen sich zuvor aktiv mit den Unternehmen vernetzten, um den Content abrufen zu können. Sind sie an den Themen und den Produkten des Unternehmens interessiert, so schauen sich die Nutzer auch dessen Snaps und Stories aktiv an. Diese Form der Kommunikation kann in die Pull-Kommunikation eingeordnet werden.

Snapchat THINK-Phase

Snapchat in der DO-Phase

Alle Nutzer, die sich in der größtmöglichen Zielgruppe befinden, über einen Kauf nachdenken und konkret auf der Suche nach einem Produkt oder einer Dienstleistung sind, können in der DO-Phase zusammengefasst werden. Diese Zielgruppe ist die attraktivste Zielgruppe für ein Unternehmen, die nur vom Produkt überzeugt werden muss.

In der DO-Phase werden jetzt die Kennzahlen gemessen, die den monetären Erfolg der Marketingmaßnahmen bewerten. Typische Kennziffern sind z.B. Checkout-Abbrüche, Conversions und Conversion Rates sowie das Kosten-Umsatz-Verhältnis.

Die Snap Ads sowie die Ads between Stories können in dieser Phase mit konkreten Kaufanreizen gestaltet werden, wie zum Beispiel mit exklusiven Rabattcodes für die Snapchat Nutzer. Voraussetzung für die Aussteuerung in dieser Phase ist, dass das Nutzerverhalten targetbar ist. Ohne diese Aussteuerungsmöglichkeit würde die Werbeform durch ihren Push-Charakter eher auf Ablehnung in der Zielgruppe stoßen.

Ohne das Targeting der Interessen können ausschließlich die eigenen Snaps im Unternehmensprofil mit Rabatt-Codes versehen werden. Die Nutzer, die dem Unternehmen folgen, schauen sich die Snaps aktiv an, sind Fans der Marke und freuen sich über solche Angebote.

Eine weitere Funktion, die in der DO-Phase angewendet werden kann, ist die Chat- und Video-Chat-Funktion. Unternehmen können mit interessierten Nutzern in Kontakt treten und diese in der Applikation zum Produkt beraten und gegebenenfalls Bestellungen direkt aufnehmen.

Snapchat DO-Phase

Snapchat in der CARE-Phase

In der CARE-Phase befinden sich alle Nutzer, die bereits Produkte bei dem Unternehmen gekauft haben. Das Ziel in der CARE-Phase ist es, die Kunden zu Stammkunden zu machen. In dieser Phase ist es nicht mehr notwendig, die Zielgruppe von den Produkten zu überzeugen, vielmehr sollen die Nutzer zu Fans gemacht werden.

Hinsichtlich der Funktionen und Werbemöglichkeiten auf Snapchat kann die Chat- und Video-Chat-Funktion in dieser Phase optimal eingesetzt werden. Unternehmen können einen Kundenservice für die Zielgruppe einrichten. Nutzer können über diesen Weg mit dem Unternehmen in Kontakt treten.

Snapchat CARE-Phase

Fazit

Snapchat bietet Unternehmen mit seinen Funktionen Lösungen für alle vier Phasen im SEE-THINK-DO-CARE Modell. Im Vergleich zu anderen Marketinglösungen auf vergleichbaren Plattformen kann Snapchat aktuell den Werbetreibenden keine ausreichenden Informationen über seine Nutzer zur Verfügung stellen, um die relevanten Zielgruppen einzugrenzen. In der SEE-Phase können Nutzer nur nach geografischen Kriterien eingegrenzt werden. Das bedeutet zum einen, dass zwar eine hohe Reichweite gegeben ist, jedoch kann diese durch die fehlenden Ausrichtungen auch mit einem hohen Streuverlust verbunden sein. In der THINK-Phase können die Nutzer nach ihren Interessen eingegliedert werden, jedoch müssen sich die Nutzer aktiv für eine Interaktion mit der Marke entscheiden. Eine proaktive Ansprache auf Basis der Interessen kann nur geschaffen werden, wenn Snapchat seine Targeting-Möglichkeiten für Werbetreibende ausbaut und zur Verfügung stellt. In der DO-Phase können Werbebotschaften mit einer aktiven Handlungsaufforderung platziert werden, jedoch können die Nutzer nicht über einen direkten Link zum Kaufabschluss geführt werden. Sie müssen den Kanal verlassen, um diesem nachzukommen. Jedoch ist diese Maßnahme im Vergleich zu anderen Social-Media-Plattformen oder Instant-Messenger-Diensten als besonders relevant einzustufen. Die Chat-Funktion ist für die CARE-Phase besonders geeignet, da eine persönliche 1:1-Kommunikation mit der Zielgruppe aufgebaut werden kann.

Meine persönliche Meinung zur Werbung auf Snapchat: Die App hat tolle Funktionen und eine junge Zielgruppe kann für einige Werbetreibende durchaus interessant sein. Aktuell bietet Snapchat eine tolle Plattform, um mit den bestehenden Fans in Kontakt zu treten. Jedoch kann man die große Reichweite durch die aktuelle Nutzerschaft nur mit einem dicken Budget erreichen, was nun mal die wenigsten Unternehmen für Online oder Social Media haben. Zudem stören mich die fehlenden Kennzahlen zu den Aktivitäten in der App – ein Graus für diejenigen, die ihre Aktivitäten messen wollen.

Da die Werbemöglichkeiten in der App noch recht frisch sind, denke ich, dass Snapchat bereits im Hintergrund an weiteren Werbemöglichkeiten tüftelt, die dann auch für kleinere Budgets interessant sein werden. Wir halten Euch natürlich auf dem Laufenden!

Désirée-Sina Kellner

Désirée-Sina Kellner hat Mediendesign (B.A.) in Köln studiert und ist Head of Paid Media bei morefire. Sie ist stets auf der Suche nach spannenden Herausforderungen, die die Online-Marketing Welt ihr bietet.

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